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Sind Sie Bio?

Bei dieser Frage komme ich immer ins Schwitzen, nicht, weil ich das verneinen müsste, sondern weil ich nicht "ja" sagen darf, ohne mich rechtlich angreifbar zu machen, denn ich bin nicht Bio-zertifiziert.

 

Das klingt jetzt erst mal doof, ist für mich auch doof, aber sehr gut nachvollziehbar. Immerhin investieren viele Läden (für meine Verhältnisse furchtbar) viel Geld dafür, dass sie "Bio" sagen dürfen, und die Kontrollen, die für die Zertifizierung notwendig sind (Lieferscheine auf Bio-Vermerke prüfen - kein Problem; getrennte Lagerung von Bio- und konventioneller Ware - brauche ich nicht; mein Zahnschmerzpunkt ist, mein Warenwirtschaftssystem besteht aus einer Waage und einer Excel-Liste, der Warenflussnachweis) sind richtig und wichtig.

Ich arbeite aber daran, dass auch ich einmal einen schönen grünen Aufkleber an meinem Wagen anbringen und die Frage ohne Schwitz-Attacken beantworten darf.

 

In der Zwischenzeit darf ich nur antworten, dass ich ausschließlich Produkte aus Anbau und Herstellung nach nachhaltigen Standards verkaufe - was für mich ein ganz logischer Schritt ist. Die Vermeidung von Plastik und Müll ist ja nur der obere Zipfel des Ziels, das ich mit meinem Wagen verfolge. Ganz wichtig ist mir auch, dass Lebensmittel auf nachhaltige Weise angebaut und am allerliebsten auch fair gehandelt werden.

 

 

Huch, das ist ja billig! - Huch, das ist ja teuer!

Ganz oft sehe ich fröhliche Menschen, weil es doch sehr viel günstiger ist, nur so viel einzukaufen, wie man wirklich möchte, und nicht zu vorgepackten Mengen greifen muss, bei denen man auch das bezahlt, was man eigentlich gar nicht braucht. Bei den meisten Produkten schaffe ich es, den Preis des verpackten Einzelhandels zu halten - bei manchen leider nicht.

 

Hier möchte ich (für mich sehr, sehr, sehr) kurz erklären, wie es zu meinen Preisen kommt:

 

Einkauf

Beim Einkauf meiner Produkte habe ich mir Ziele gesteckt, nämlich

- Anbau nach möglichst hohen nachhaltigen Standards,

- Bezug aus möglichst nahegelegenen Regionen, um die Transportwege kurz zu halten,

- Bezug aus politisch und menschenrechtlich möglichst unbedenklichen Regionen,

- Einkauf aus möglichst fairem Handel.

Je besser ich diese Ziele erreiche, desto höher werden leider auch meine Einkaufspreise; Linsen aus dem fernen Ausland sind billiger als Linsen von der Schwäbischen Alb. Das geht auch Supermärkten so, allerdings erhalten sie durch ihre Bestellmengen ganz andere Konditionen und Einkaufspreise als ich. Der Preis für eine Palette Haferflocken unterscheidet sich erheblich von dem eines 25-kg-Sacks, der für viele Paletten noch sehr viel mehr.

 

Kalkulation

Zu Wareneinkauf und -bezug kommen alle anderen Kosten, die ich mit den Verkaufserlösen abdecken muss:

- Fahrzeugkosten (Versicherung, Benzin, Reparaturen),

- Marktgebühren,

- hier fällt ein Glas herunter, da fängt ein Bin (Zapfbehälter) an zu "suppen",

- Versicherungen, Gebühren, Beiträge,

- 2021 musste ich meine Waage mit einer teuren technischen Sicherheitseinrichtung nachrüsten lassen,

- Verkaufsrisiko*

- und, und, und .... und alles, was sonst noch anfällt.

 

Diese Kosten sind sicher sehr viel geringer als in Läden (keine Miete, kein Personal), aaaaber ...

- mein Wagen ist nun mal sehr klein und meine Möglichkeiten entsprechend begrenzt,

- Sortiment und Verkaufsmengen sind entsprechend überschaubar und folglich hoch der Kostenanteil pro Produkt/kg,

- mein Sortiment besteht überwiegend aus Grundnahrungsmitteln, bei den der Kalkulationsspielraum sehr eng ist.

Andere Produkte, mit denen ich sicher eine höhere Kostendeckung erzielen könnte, kann (Platz) bzw. darf (Putz- und Waschmittel) ich nicht in den Wagen aufnehmen.

 

Einfach ausgedrückt:

Ich muss meine Kosten (kk) auf mein Sortiment (ss) und meine Verkaufsmenge (mm) so umlegen, wie andere ihre Kosten (KKKKKKKKKKKK) auf deren Sortiment (SSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSS) und Verkaufsmengen (MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM).

 

 * Ein Beispiel: Mandeln im 25-kg-Sack bedeuten weniger Papiermüll, einmaligen Transport und einen geringeren Einkaufspreis, also all das, was ich eigentlich möchte und zwar so, dass ich auch den Verkaufspreis senken könnte. Bei einem Mindesthalbarkeitsdatum von bei Mandeln üblich 7 bis 8 Monaten ist die Gefahr jedoch sehr groß, dass ich nur einen Teil davon rechtzeitig verkaufen kann. Nicht verkaufte Produkte decken nicht nur nicht meine Fix- und Handlungskosten, sondern sind Verluste, die ich zusätzlich decken muss.

Rentiert sich das Geschäft?

Wirtschaftlich auf gar keinen Fall!

2019 habe ich den Wagen gekauft und alle größeren Ausgaben vorfinanziert. Den Ertrag im Jahr 2020 lest ihr bitte an der Farbe der Jahreszahl ab. Letztes Jahr hat sich der Wagen nicht nur getragen, sondern auch einen Gewinn abgeworfen! Der ist zwar nicht durch meine Arbeitsstunden teilbar (Standzeiten, aber auch An- und Abfahrten, Buchhaltung, Steuer, Papierkram, Einkauf (ganz viel gucken, was ich wo näher, regionaler, fairer kaufen kann, Mindestbestellmengen und Mindesthaltbarkeitsdaten abwägen), Ausräumen/Einräumen (gerade im Winter), Auffüllen...), aber immerhin! Wie es in diesem Jahr sein wird, ... Zumindest die Autoversicherung ist billiger.

 

Im Bauch ja! Aber so was von!

Ich liebe meinen Wagen, ich liebe, was ich tue! Wenn ich auf einen Markt fahren darf, geht mir das Herz auf! - Naja, gut, wenn es nicht gerade kältestarrig ist. - Ich freue mich samstags schon auf die nächste Woche! Ich liebe es, in meinem Wagen zu stehen und Kaufmannsladen in groß zu spielen!

Ich treffe an jedem Markttag so viele so entsetzlich liebe und großartige Menschen, führe wunderbare Gespräche (naja, meistens müssen die wirklich entsetzlich lieben und großartigen Menschen mein Geschwafel ertragen), kriege so viele Ideen, wie ich selbst noch ein bisschen besser werden kann, kann Ideen weitergeben, darf Anteil nehmen an glücklichen und nicht glücklichen Lebensereignissen, darf mit ihnen lachen und manchmal auch schweigen oder schlucken. DAS ist unbezahlbar!

 

 

In eigene Behälter abfüllen - dürfen Sie das?

Ja!

Oft wird gerade die Corona-Situation von Teilen des Einzelhandels dazu benutzt zu sagen, dass man das nicht dürfte. Darf man aber! Es ist aber sehr aufwendig, sehr viel aufwendiger als die Abgabe in Umverpackungen. Diesen Arbeitsmehraufwand zu leisten, ja, dazu muss man schon ein bisschen idealistisch sein, aber das sind wir Unverpackt-Ladenmenschen ja eh und tun es aus Überzeugung und mehr als gerne!

 

Auf Sell & ebbes bezogen heißt das: Kein Gefäß darf in irgendeiner Weise mit den Lebensmitteln, die nicht in sie hineingehören, oder den Spendern in Berührung kommen. Ich benutze bei jedem Kunden einen eigenen Schöpfer pro Lebensmittel und mindestens einen Trichter. Die Produkte rieseln aus den Zapfbehältern/mit dem Schöpfer entnommen durch den Trichter in das Kundengefäß. Neben ganz viel Abwasch bin ich ständig am desinfizieren: Hände, Waage, Flächen, alle meine Behälter und Zughebel der Zapfbehälter (beim Geld konnte ich mich bislang noch gerade so zurückhalten). Seht es meinen Händen daher bitte nach, wenn sie trotz eifriger Pflege manchmal etwas angegriffen aussehen.

 

 

Haben Sie schon viele Kunden?

Vorweg: Ich habe die alllerliebsten, großartigsten, wunderbarsten Kunden der Welt!

 

Ich wünsche mir noch ganz viele mehr! Nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen Unverpackt-Läden, weil wünschen darf man sich alles. Ob und wann es so kommt ...

 

Spätestens seit den 1970er Jahren wurde uns von allen Seiten suggeriert, dass nur sauber, rein, weiß und am besten verpackt hygienisch und damit gesund ist. Dass Verpackungen aber zu einem Problem für die Umwelt und damit auch für unsere Gesundheit werden könnte, darüber machte sich Jahrzehnte niemand Gedanken und auch danach braucht(e) es eine sehr lange Weile, bis es zumindest halbwegs ins Bewusstsein der Menschen dringd/drang. - Wo wir im Moment stehen, sieht man, wenn man sieht, dass Menschen in riesigen Plastiksäcken Einwegflaschen zurückbringen.

 

Verpackungen sind praktisch: Man kann spontan zugreifen und einfach mitnehmen. Vorgegebenen Mengen wird man schon irgendwie verwerten oder wirft sie halt weg. Nein, es gehört sich nicht Lebensmittel wegzuwerfen, aber das schlechte Gewissen ist schnell damit beruhigt, dass es, wenn man billig genug kauft, zumindest nur ein kleiner finanzieller Verlust ist. 

 

Unverpackter Einkauf ist sehr viel aufwendiger und erfordert viel Bereitschaft: Man muss sich überlegen, was man kaufen möchte und welchen Behälter man dafür verwendet. Man muss Behälter leer hin und voll wieder zurücktragen. Man muss darauf vertrauen, dass auch Unverpackt-Menschen hygienisch mit den Lebensmitteln umgehen (wir müssen jederzeit mit einer Kontrolle durch die Lebensmittelüberwachung rechnen, die über das Fortbestehen unseres Ladens/Mobils entscheiden kann - glaubt mir, das macht uns alle seeehr sorgfältig!) und man muss bereit sein, auch die Philosophie (bei Sell & ebbes: Anbau nach möglichst hohen nachhaltigen Standards in möglichst nahen Regionen und so fair wie mögich gehandelt) auch mit seinem Geldbeutel mitzutragen.

 

Also wünsche ich mir noch ganz viele Kunden mehr, weil wünschen darf man sich alles!

 

 

Stellen Sie das alles selbst her? Warum knacken Sie die Walnüsse nicht selbst? Kennen Sie die Reisbauern persönlich? Warum sind die Feigen nicht regional?

Auch wenn ich solche Fragen als nicht wirklich ernsthaft gemeint einordne, hier ganz kurz:

Zur eigenen Herstellung meiner Produkte brauchte ich 1. einen riesigen Garten mit unterschiedlichen Vegetationszonen und 2. eine Mühle, eine Presse sowie eine Küche, die die Anforderungen der Lebensmittelverordnung entsprechen.

Haben tu ich allerdings nur kleines Dach mit einem noch kleineren Gärtchen. Mein Feigenbaum ist letztes Jahr leider erfroren; er hat zwar von unten wieder aus der Erde ausgetrieben, ob er in diesem Jahr wieder Früchte tragen wird .... Trotzdem biete ich Feigen an. Tatsächlich habe ich sehr nette Kontakte mit meinen Lieferanten, den Mango-Anbaumenschen kenne ich allerdings nicht persönlich, was ich sehr gerne ändere, wenn das Finanzamt das Absetzen einer Dienstreisen nach Burkina Faso akzeptiert. Die Flugzeit würde ich dann auch sehr gerne mit dem Kanacken von Walnüssen verbringen, vorausgesetzt jemand hat jemanden im Freundes- und Bekanntenkreis, dessen Baum so viele abwirft, dass er sie mir verkauft (2021 sind leider viele innerlich verfault, die beiden Jahre davor war es zu trocken für eine gute Ernte).